Die Diskussion rund um digitale Editionen als Ergänzung oder sogar Ersatz für die klassische Buchausgabe ist in vollem Gange. Grund dafür ist auch der Siegeszug der plattform- und implementationsunabhängigen Metasprache XML in den „Digital Humanities“. Insbesondere der TEI-Standard (Burnard / Bauman 2007) hat dafür gesorgt, dass Informationen aller Art in einem Sammelformat vorliegen, das von vielen neu entwickelten Werkzeugen als Ausgabe- und Austauschformat verwendet wird.
Der weitere Bearbeitungsprozess bis hin zur Fertigstellung einer Edition fußt daher heutzutage stark auf XML. Gleichwohl bleibt das Buch als notwendiges Ergebnis eines Editionsprojekts weiterhin die Regel. Somit stehen viele Wissenschaftler zu Beginn eines solchen Projekts vor dem Problem, einen Workflow auf XML-Basis zu definieren, der am Ende möglichst komfortabel – mit oder ohne Zutun eines Verlags – auch einen hochwertigen Buchdruck erlaubt.
Projekte wie XML-Print oder Apache FOP setzen hier an und wollen das Textsatzproblem innerhalb der „X-Technologien“ 1 lösen. Es ist in den vergangenen Jahren jedoch deutlich geworden, dass der wissenschaftliche Textsatz von diesen Werkzeugen (noch) nicht in all seinen Facetten erfasst werden kann. Daher greifen aktuelle Editionsprojekte in der Regel auf etablierte Werkzeuge wie TUSTEP oder andere nicht notwendigerweise XML-basierte Ansätze zurück, indem der XML-Eingabetext mittels XSLT in die entsprechenden Zwischenformate überführt wird.
Genau hier möchte der Workshop ansetzen und die Möglichkeiten des Textsatzsystems TeX 2 im Bezug auf die Erstellung einer historisch-kritischen Ausgabe (kritische Edition) vorstellen. Leider wird dieser Weg aus Unwissenheit bzw. wegen falscher oder schlicht veralteter Informationen bzgl. des Funktionsumfangs viel zu selten beschritten. Umso erfreulicher sind Forschungs- und Arbeitsumgebungen wie FuD oder ediarum, die am Ende des editorischen XML-basierten Workflows eine mit TeX erzeugte PDF-Datei zur Kontrolle bzw. als Vorstufe des Druckergebnisses ausgeben.
Das quelloffene Textsatzsystem TeX und die gleichnamige Programmiersprache wurden Ende der Siebziger Jahre vom amerikanischen Mathematikprofessor Donald E. Knuth für den Druck seiner eigener Bücher entwickelt. Das Problem des Textsatzes – „Wie bringe ich unter Beachtung verschiedener Regeln möglichst schön Zeichen aller Art aufs Papier?“ – wurde von ihm als mathematisches Optimierungsproblem definiert und mit neuartigen Algorithmen gelöst. Die subjektive Schönheit wurde dadurch von Knuth auf Basis typographischer Traditionen und Methoden objektiviert.
Die so entstandenen Algorithmen, z. B. derjenige für den Zeilenumbruch (Knuth / Plass 1981) waren bahnbrechend und sind bis heute „State of the Art“. Entsprechend werden sie auch in jüngerer Software wie Adobe InDesign oder Apache FOP nahezu unverändert verwendet. Für den Autor eines Texts bedeutet dies, dass er sich vollständig auf die inhaltliche bzw. strukturelle Gestaltung konzentrieren kann. Dies entspricht der Arbeit mit XML-Quelldaten, die in der Regel keinerlei typographische Anweisungen enthalten.
Somit lebt die klassische Trennung zwischen Autor und Setzer wieder auf, die durch Textverarbeitungsprogramme in den vergangenen Jahrzehnten stückweise aufgeweicht worden ist – mit negativen Folgen für die Druckqualität. In heutigen digitalen Arbeitsumgebungen entspricht der Setzer einem Satzprogramm, das eine Druckvorlage – heutzutage oft „hinter den Kulissen“ einer virtuellen Arbeitsumgebung – auf die Quelldokumente eines Autors anwendet.
Eine kritische Edition stellt besondere Anforderungen an ein Textsatzwerkzeug. Daher eignet sich dieser Dokumenttyp besonders gut, um die Qualität von LaTeX zu demonstrieren. Plachta definiert für eine kritische Edition zehn elementare Bestandteile (Plachta 2006: 14-15). Diese lassen sich zu den folgenden drei Themenkomplexen zusammenfassen:
Zu all diesen Bereichen liefert LaTeX entweder direkt oder über Erweiterungen (Pakete) Möglichkeiten, hochwertige Ergebnisse zu erzielen. Sie stehen über das zentrale Paketarchiv CTAN 3 allen Nutzern kostenfrei zur Verfügung.
Entlang der im vorherigen Abschnitt genannten Bestandteile einer kritischen Edition wird der Workshop den Teilnehmern die Gelegenheit geben, LaTeX als Satzprogramm kennenzulernen bzw. vorhandene Kenntnisse auszubauen. Im Detail werden die folgenden Inhalte vermittelt:
Der Workshop richtet sich an alle interessierten Wissenschaftler_innen, die Wert auf einen hochwertigen Druck ihrer Edition legen. Auch Entscheidungsträger, die ein Textsatzsystem für ihr Editionsprojekt suchen, sind ausdrücklich angesprochen. Für die praktischen Beispiele werden grundlegende Kenntnisse der Textsatzsprache LaTeX vorausgesetzt.
Da es sich um eine „Hands-on“-Sitzung handelt, sollte die Teilnehmerzahl 15 nicht übersteigen, wobei ich eine Warteliste begrüßen würde. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer benötigen einen Laptop mit einer (möglichst aktuellen) TeX-Distribution (MiKTeX oder TeX Live). Für die Präsentation selbst wird ein Beamer benötigt.