Datenressourcen der Arbeitsstelle des Deutschen Wörterbuchs (Neubearbeitung)

Mederake, Nathalie
Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Deutschland
nmedera@gwdg.de

Blanck, Wiebke
Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Deutschland
Wiebke.Blanck@gmx.net

Zwischen den Digital Humanities und der Lexikografie besteht eine interessante Wechselwirkung: Zum einen gehört die Erschließung textueller Informationsquellen zur alltäglichen Wörterbucharbeit und ist dort fester Bestandteil des lexikografischen Redaktionsprozesses. Verschiedene digitale Instrumente und Korpora unterstützen diese Arbeit, indem sie besagte Quellen auffindbar machen, beispielsweise in Bibliotheken oder als Digitalisate im Internet. Zum anderen wird über digitale Wörterbücher der Zugang zu umfangreichen (digitalen und nicht-digitalen) Textkorpora und elektronischen Datensammlungen eröffnet, die für Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen von Bedeutung sind. Digital vorliegende Wörterbücher eröffnen damit eine wichtige Schnittstelle zwischen den traditionellen Geisteswissenschaften und den Digital Humanities. Diese Schnittstelle sowie die lexikografisch aufbereitete Information als solche wird angesichts der Tatsache, dass Wörterbücher der Zukunft Informationssysteme sein werden, die aufgrund sehr großer Sprachdatenbanken existieren, nichts an ihrer Bedeutung einbüßen.

In der Neubearbeitung des Deutschen Wörterbuchs (= ²DWB), einem (teilweise digitalisierten) traditionellen geisteswissenschaftlichen Unternehmen, sind im Laufe der Zeit zwei Nebenprojekte entstanden, die sich an eben dieser Schnittstelle befinden und lexikografische bzw. lexikologisch relevante Informationen erschließen: das Quellenverzeichnis zum Deutschen Wörterbuch und die Kartei Literatur zur Wortforschung. Die digitale Aufarbeitung und Bereitstellung dieser beiden Projekte wurde in den vergangenen Jahren in Zusammenarbeit mit der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB) entwickelt und steht in beiden Fällen kurz vor dem Abschluss.

Das Quellenverzeichnis der Neubearbeitung des Deutschen Wörterbuchs ist ein unerlässliches Hilfsmittel für jeden, der mit diesem Wörterbuch arbeitet. Ziel der digitalen Erschließung des Quellenverzeichnisses ist es, die vorhandenen elektronischen Daten in die noch zu erarbeitende digitale Version der Neubearbeitung des Deutschen Wörterbuchs zu integrieren, um Nutzern dieses Wörterbuchs einen möglichst barrierefreien Zugriff auf die Quellenlage zu gestatten. Überdies bieten sich über die Quelleneinträge Verlinkungsmöglichkeiten der Wörterbuchartikel an und damit ein größerer Umfang der Wörterbuchnutzung.

Die Kartei Literatur zur Wortforschung, die sogenannte LW-Kartei, war ursprünglich ein internes Hilfsmittel im ²DWB, die den Bearbeitern die Artikelarbeit erleichtern sollte, indem sie auf Forschungsliteratur zu Einzelwörtern verwies. Diese Arbeit wurde in den 1970er-Jahren begonnen. Im Laufe der Jahre ist ein Zettelkatalog entstanden, der ca. 14.000 Einträge umfasst. Er enthält wissenschaftliche Literatur zu Stichwörtern von A-Z und wurde in zwei Sortierungen angelegt (sowohl nach Verfassern als auch nach Einzelwörtern). Seit 2011 wird die Kartei Literatur zur Wortforschung kontinuierlich auf den aktuellen Forschungsstand gehoben. Dazu werden entsprechende Informationen aus der Forschungsliteratur von 1990 bis heute exzerpiert; d. h. aus dem Zeitraum, den der Zettelkatalog nicht mehr erfasst. Aufgrund der Fülle an Veröffentlichungen ist dies ein umfangreiches Vorhaben, das in der verbleibenden Laufzeit des ²DWB (Ende 2016) nicht vollständig zu bewältigen sein wird. Sollte die LW-Kartei jedoch innerhalb eines anderen wissenschaftlichen Projekts weitergeführt werden, ist es wichtig, bereits jetzt an die Grundlagen für eine weiterführende Bearbeitung zu denken, d. h. den Aufbau und die Bearbeitung (d. i. Exzerption) eines Korpus’ zur Einzelwortforschung zu diskutieren. Bis Ende 2016 werden alle bis dahin entstandenen Exzerpte in der Datenbank verfügbar gemacht.

Durch die Projektkooperation mit der SUB Göttingen ist es möglich geworden, zwei geprüfte lexikografische Datensammlungen, die parallel zur ständig wachsenden und elektronisch verfügbaren Wörterbuchlandschaft entstehen, angemessen und zugleich verständlich aufzuarbeiten und zu präsentieren. Sie bilden eine sinnvolle Ergänzung sowohl zum Wörterbuchprodukt als auch zur Arbeit mit Wörterbuchergebnissen. Das erarbeitete digitale Format ist zweifelsohne ein unerlässlicher Beitrag zur weiteren Erschließung textueller und lexikologischer Quellen; es soll anderen Wörterbuchprojekten Anknüpfungsmöglichkeiten über die ermittelten Literaturressourcen eröffnen und das Potenzial lexikografischer Arbeit über den unmittelbaren Wörterbuchkontext hinaus vermitteln.

Die beiden Sammlungen, die als Nebenprodukte der lexikografischen Arbeit entstanden sind, beschreiben ferner Arbeiten, die für weitere Erschließungsmethoden der digitalen und historischen Lexikografie von grundlegender Bedeutung sind. Eine Integration dieser Ressourcen in bestehende Wörterbuchnetze ist zudem zwingend erforderlich. Auch wenn für das ²DWB der Kern der Wörterbucharbeit bis zum Ende der Projektlaufzeit eher traditionellen lexikografischen Maßstäben verpflichtet ist, sind die mit dieser Arbeit in Verbindung stehenden Entwicklungen bezeichnend für die sich verändernden wissenschaftlichen Mittel und formulieren neue Anknüpfungspunkte lexikografischer Fragestellungen, die zu diskutieren sind.