Bei der Taxonomy of Digital Research Activities in the Humanities, kurz TaDiRAH, handelt es sich um eine anwendungsorientierte Taxonomie, die unter Einbeziehung der Community dazu dient, Ressourcen aus dem Kontext der Digitalen Geisteswissenschaften nach bestimmten Kategorien des Forschungsprozesses zu klassifizieren. Sie trägt dazu bei, diese Ressourcen zu strukturieren, referenzierbar und damit gleichzeitig auffindbar und sichtbar zu machen. Zugleich ist die Taxonomie auch eine Modalität des Nachdenkens darüber, was die digitalen Geisteswissenschaften sind. Als ein Instrument, das in verschiedenen disziplinären Bereichen anwendbar sein soll, wurde die Struktur der Taxonomie in einem bottom-up-Verfahren so generisch wie möglich angelegt, ohne dabei jedoch seine Funktionalität zur Unzulänglichkeit einzuschränken. Ermöglicht wird dieser Ansatz z. B. zusätzliche Klassifizierungsparameter, die frei und somit spezifisch erweiterbar sind.
TaDiRAH ist die Initiative einer transatlantischen Kooperation zwischen DiRT und DARIAH-DE. Konzipiert wurde die Taxonomie anhand der Use-Cases dieser beiden Partner: dem Taggen von Tools innerhalb der DiRT Registry sowie der kuratorischen Verschlagwortung bibliographischer Daten in DARIAHs Doing DH Bibliography. Darüber hinaus ist TaDiRAH z. B. für das Erfassen von DH Studienangeboten im europäischen DH-Course Registry von DARIAH-EU implementiert. Für die ebenfalls europaweite DiMPO-Initiative stellt die Taxonomie einen Baustein dar, der in das komplexe Gebilde integriert werden kann. Weitere Anwendungsszenarien umfassen u. a. die Verwendung für Surveys (z. B. im Rahmen der Umfrage practices4humanities)1 oder das Klassifizieren von Konferenzbeiträgen, wie in diesem Jahr erstmals bei der DHd-Konferenz erfolgt.
Bei der Konzeption profitierte die Taxonomie von verschiedenen Vorarbeiten in diesem Bereich, die allesamt englischsprachigen Ursprungs sind. Namentlich sei hier insbesondere auf das am King’s College London entwickelte arts-humanities.net verwiesen, aus dem schließlich DHCommons hervorging. Auch die Kommunikation im Rahmen von TaDiRAH einschließlich der kollaborativen Phase, während der die Community im Vorfeld des ersten Releases aktiv mit eingebunden wurde, um die spätere Verwendbarkeit zu gewährleisten, nutzte das Englische als lingua franca. Entsprechend wird es wenig verwundern, dass auch TaDiRAH zunächst auf Englisch konzeptioniert wurde. Auf datensprachlicher Seite zeigt sich die unter CC-BY-Lizenz stehende Taxonomie ohnehin kompatibel: Neben der Projektwebsite auf GitHub mit vollständiger Dokumentation, Download als SKOS Core sowie einem Issue Tracker bietet eine Instanz des TemaTres Vocabulary Server zusätzlich einen SPARQL-Endpoint, der die Anwendung als Linked Open Data erlaubt. TemaTras unterstützt zudem das Implementieren multilingualer Taxonomien. Auf Initiative des argentinischen Projekts “Methodologies on Digital Tools for Research in the Humanities (MHeDI)” konnte zunächst eine spanische Version von TaDiRAH entwickelt werden.2 Auch eine Ausweitung auf das Serbische ist bereits in Planung.
Inzwischen gibt es eine Vielzahl interessanter state-of-the-art-Projekte der deutschsprachigen DH-Community. Sie ist in einem eigenen Verband organisiert, dessen Veranstaltungen sich wachsender Teilnehmerzahlen erfreuen. An verschiedenen Universitäten und DH-Zentren wurden mit großem Erfolg spezifische DH-Angebote eingerichtet. Mit der Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften (ZfdG) existiert inzwischen zudem ein eigenes Publikationsorgan für deutschsprachige DH-Beiträge. Betrachtet man die stabile Entwicklung von Version 0.5 von TaDiRAH und ihrer Implementierung in weitere Sprachen und seine Integration in verschiedene EU-Initiativen, so scheint der Zeitpunkt für eine deutsche Version günstig, wenn nicht überfällig. Wir freuen uns daher sehr, der Community eine deutsche Version von TaDiRAH vorstellen zu können. Die Übersetzung profitiert von den Vorarbeiten, die im Rahmen der practises4humanities-Umfrage geleistet wurden. Mit dem vorliegenden Poster möchten wir einerseits einen Anstoß zur weiteren Verknüpfung und Erschließung deutschsprachiger DH-Aktivitäten geben, und andererseits die Selbstreflexivität der Disziplin im Abgleich und Austausch mit der internationalen Community fördern. Die Multidisziplinarität ist den Digitalen Geisteswissenschaften ebenso inhärent wie ihre Interdisziplinarität – diesem Sachverhalt möchte TaDiRAH nun auch für die deutschsprachige (Sub-)Community gerecht werden.